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Achtsamkeit im Arbeitsalltag

 

Kennen Sie das?

Sie überlegen am Ende eines Arbeitstages, wie die Zeit vergangen ist. Zwar haben Sie die ganze Zeit „gerödelt“, aber nicht so viel geschafft, wie Sie sich vorgenommen hatten. Dauernd kam etwas Anderes dazwischen, Sie haben versucht, drei Dinge auf einmal zu erledigen, waren mit den Gedanken immer bei der nächsten statt der aktuellen Aufgabe. Und was gab es nochmal zum Mittagessen? Keine Ahnung mehr, da haben Sie nebenher die Mails gecheckt oder mit Kolleg*innen noch schnell ein Problem gelöst.

Kennen Sie das? Ich schon!

Das, was mir an solchen Tagen abhanden kommt, ist die Achtsamkeit auf den Moment, das Wahrnehmen dessen, was gerade jetzt passiert – um mich herum und bei mir selbst. Nur im gegenwärtigen Moment findet mein Leben statt, aber an solchen Tagen verpasse ich das immer wieder und frage mich dann, wo meine Zeit geblieben ist.

Gegenwart und Zukunft

Achtsamkeit - die bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment, auf das Hier und Jetzt – was hat das mit dem Thema dieser MAZ zu tun, mit der Zukunft unserer Arbeit?

Der Zukunftsforscher Matthias Horx sieht in der Achtsamkeit einen Megatrend für die Zukunft. Auch in vielen großen Unternehmen haben Achtsamkeitstrainings Einzug gehalten. So ist beispielsweise bei SAP das Achtsamkeitsmitarbeiterprogramm die am häufigsten gebuchte Fortbildung.

Gerade die sich ständig verändernden Bedingungen der Arbeitswelt, die hohen Anforderungen an unsere Flexibilität erfordern es, dass wir uns zentrieren können auf den gegenwärtigen Augenblick. Gewahr werden, was in diesem Moment passiert. Aufmerksam sein, bewusst wahrnehmen, was gerade ist. Die Situation und das, was sie mit mir macht, erst einmal annehmen, ohne gleich zu bewerten. Diese Haltung holt mich aus den automatischen Mustern, ermöglicht Freiraum, um dann bewusste Entscheidungen für eine Reaktion zu treffen. Insofern kann Achtsamkeit – die Fokussierung auf das Hier und Jetzt – helfen, die Zukunft zu bewältigen und zu gestalten.

Praxis der Achtsamkeit

Achtsamkeit will geübt werden. Vor allem die Wahrnehmung der körperlichen Erfahrung steht im Fokus der Achtsamkeitsübungen. So spielen die Wahrnehmung auf

  • den Atem (die Atembewegung, den Atemrhythmus, den Weg, den die Atemluft nimmt),
  • die Körperempfindungen (Wärme und Kühle, Entspannung und Anspannung, Druckempfinden, Kribbeln, Jucken und Pochen) oder
  • die Erfahrungen der fünf äußeren Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten

eine herausragende Rolle.

Denn diese Körpererfahrungen sind immer Erfahrungen in der Gegenwart. Gedanken und Gefühle können sich auf Vergangenheit oder Zukunft beziehen. Was Sie im Körper spüren, passiert in diesem Moment, im Hier und Jetzt. Gleichzeitig geht jeder Moment schnell vorüber, alles verändert sich „von Moment zu Moment“. Die Praxis der Achtsamkeit rechnet immer damit, dass sich von Augenblick zu Augenblick etwas verändern kann. Es geht um das, was gerade geschieht und darum, dass wir es nicht festhalten können. Aber wir können es wahrnehmen und beobachten, was im Fluss des Lebens passiert. So üben wir mit der Achtsamkeit auch das Lassen und Loslassen.

Es geht auch darum, eine Haltung einzuüben, die es uns erleichtert, mit der Wirklichkeit umzugehen, wie sie nun einmal ist, und nicht in Vergangenes oder Zukünftiges abzudriften.

„Affen-Geist“ („Monkey-Mind“)

Spätestens bei der Achtsamkeitsübung auf den Atem, merken wir, dass unser Geist sehr selbständig ist und die Tendenz hat, immer irgendwie zu arbeiten, Pläne für die Zukunft zu machen (was muss ich noch einkaufen?), die Vergangenheit zu bewerten (hat der Kollege mich eben nicht komisch angeschaut?). Wir drehen uns schnell in Grübelspiralen oder Gedankenkarussells hinein. Da gibt es das Bild vom Affen-Geist: unser Geist als Affe, der nicht stillsitzen kann und immer herumrennt. Geben Sie Ihrem Geist eine Banane, dann ist er mit Schälen und Essen beschäftigt. Achtsamkeitsübungen sind „Bananen für den Geist“. So können Sie das Grübeln unterbrechen.

Achtsame Pausen

Pausen sind im Arbeitsalltag wichtig und hilfreich und daher auch arbeitsrechtlich geschützt. Pausen sind auch eine gute Gelegenheit, das Da-Sein im Hier und Jetzt zu üben. Machen Sie wirklich Pause – ohne nebenher noch schnell etwas zu erledigen. Gerade auch kleine Pausen zwischendurch können uns immer wieder im jetzigen Moment erden. Einmal innehalten, in dem was ich gerade tue, bewusst atmen oder aus dem Fenster schauen. Was sehen Sie? Was hören Sie? Wie fühlt sich Ihr Körper gerade an? Achtsame Wahrnehmung ist hier das Zauberwort. Wie schmeckt der Schluck Tee, den Sie gerade trinken? Wie fühlt sich das Wasser auf Ihrer Haut beim Händewaschen an? Auch wenn es gerade hoch hergeht: eine kurze achtsame Pause hilft, sich bewusst zu werden, was gerade passiert und wie ich jetzt damit umgehen möchte.

Entschleunigung

Täglich legen wir während der Arbeit viele Wege zurück - auf dem Wohnbereich oder der Gruppe, zwischen verschiedenen Büros oder Beratungs- und Behandlungszimmern. Oft nutzen wir diese Zeit, um Anstehendes zu planen, über Vergangenes nachzudenken oder schnell einen Blick auf das Handy zu werfen. Auch hier können wir Achtsamkeit üben. Wie wäre es, wenn wir nur gehen, wenn wir gehen, und nichts Anderes? Jeder Weg kann eine bewusste Pause sein, ein Ankommen im Hier und Jetzt. Damit ich dann dort präsent sein kann, wo das Ziel meines Weges ist: bei der nächsten Klientin, der nächsten Sitzung, dem nächsten Hilfeplangespräch.

Handy, Laptop und Co.

Über die Veränderung der Arbeitswelt durch (digitale) Kommunikationsmittel ist schon viel geschrieben worden: ständige Erreichbarkeit, permanente Unterbrechungen, der Druck, schnell zu reagieren und der Anspruch, immer die neuesten Informationen zu haben stellen ein großes Stress-Potenzial dar. Hier ist es hilfreich, gemeinsam mit Vorgesetzten und Kolleg*innen Absprachen zu treffen, wie Sie Räume schaffen, in denen Sie – soweit möglich und immer wieder einmal – konzentriert und ungestört einer Aufgabe nachgehen können. Sie können auch das Klingeln des Telefons oder Handys als Signal für eine Achtsamkeitsübung nehmen: Schließen Sie die Augen und atmen Sie einmal tief ein und aus, bevor Sie das Gespräch annehmen.

Teamsitzungen

Einige der hier beschriebenen Vorschläge können Sie auch für und in Teamsitzungen anwenden:

  • Gehen Sie mit einer achtsamen Haltung in die Teamsitzung: wie geht es Ihnen gerade? Was sind Ihre Anliegen für die Sitzung? Wie nehmen Sie die Anderen wahr? Was lösen deren Beiträge bei Ihnen aus? Was möchten Sie beitragen?
  • Vielleicht können Sie Ihre Teamsitzung gemeinsam mit einer Minute der Stille oder einer kurzen Achtsamkeitsübung beginnen?
  • Auch vor einer Entscheidungsfindung bietet sich ein achtsames Innehalten an.
  • Sie können auch die Rolle eines „Wächters für Achtsamkeit“ vergeben: dieses Teammitglied unterbricht die Sitzung, wenn er oder sie merkt, dass sich Unruhe breitmacht oder die Aufmerksamkeit nachlässt, und macht einen Vorschlag für eine kurze Übung.
     

Gudrun Knabe-Gourmelon, Studienleiterin

 

Für Angebote zum Thema Achtsamkeit kommen Sie gerne auf die Diakonische Akademie zu!

Literaturquelle u.a. Ralf Braun (2018). Mindful@work. Anleitungen für einen achtsamen Arbeitsalltag. Klett-Cotta.