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Diakonische Akademie

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Konfliktbewältigung als Beziehungs- und Entwicklungsmotor

 

Knut ist Mitarbeiter in der RDB. Ein engagierter, erfahrener Heilerziehungspfleger, dem die Bewohner und Angehörigen in seinem Wohnbereich sehr am Herzen liegen. Er tut alles, damit „seine Bewohner“ ein möglichst gutes Leben haben, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Da ist es ihm u.a. wichtig, dass der Wohnbereich – die Wohnung der Betroffenen – auch wohnlich einladend, sauber und nett gestaltet ist. Er selbst hasst die Unordnung und den Schmutz.

Knut ärgert sich sehr über Kollegin Elfriede. Sie hinterlässt den Wohnbereich oft nicht so, wie er es für nötig und sinnvoll hält. Da ist bisweilen die Wäsche nicht verräumt oder gar gewaschen oder der Tisch vom Abend zuvor nicht abgeräumt. Wenn er in den Dienst kommt, und er weiß Elfriede war vor ihm da, schwillt ihm schon der Kamm. Er hat ihr immer wieder gesagt, was ihn ärgert, aber es ändert sich nichts. Auch die Wohnbereichsleiterin tut nichts. Das nervt und nimmt ihm die Motivation.

Konflikte sind normal

Unterschiede in den Interessen sind ganz normal. Und dass daraus Konflikte entstehen, ist an sich noch keine Katastrophe. Die (frei erfundene) Situation von Knut und Elfriede ist ein klassischer Konflikt, der überall auftreten kann. Wo Menschen zusammen leben, treffen unterschiedliche Interessen aufeinander. Knut will etwas, Elfriede will offensichtlich etwas anderes. Manchmal kann man es einfach „aushalten“. Dann ist es nicht so gravierend. Manchmal kann und will man es nicht aushalten. Dann bleibt nichts übrig, als sich auseinander zu setzen und die Interessen auszuhandeln. Zum Konflikt werden die unterschiedlichen Interessen dann, wenn erste Versuche, Kompromisse zu finden nichts fruchten, sondern die Spannung noch verstärken. Geht man hier nicht auf die Suche nach Lösungen, schwelt ein Konflikt, der letztlich die Arbeit behindert.

Konflikte sind nichts „Schlimmes“ aber sie können schlimm werden

Wir Rummelsberger sind soziale Menschen. Wir engagieren uns für Menschen. Viele von uns mögen Konflikte überhaupt nicht. Konflikte können verletzen, sind anstrengend und nicht immer kontrollierbar. Niemand weiß, wie genau der Konfliktpartner reagieren wird. Viele von uns vermeiden Konflikte lieber. Genauer: Sie vermeiden das Ansprechen oder das Austragen von Konflikten. Das ist verständlich, das verschärft allerdings nicht selten den Konflikt.

Ein Konflikt lässt sich nicht durch „Ignorieren“ lösen

Einen Konflikt kann man nicht vermeiden und auch nicht verdrängen. Er ist wirksam, auch wenn man den Kopf in den Sand steckt. Spannungen bestehen, in dem Moment, wo eine Person erlebt: „Hier geht etwas, ein Verhalten, zu sehr gegen meine Interessen.“ Nicht immer ist man sich dessen bewusst. Oft spürt man nur, dass etwas nicht passt. Da ist es hilfreich, sich den Konflikt bewusst zu machen. „Warum genau bin ich verärgert? Was genau ist mein Anliegen dabei?“

Ihr Anliegen ist berechtigt!

Als Berater empfehlen wir: Seien Sie im Konflikt Ihr eigener Freund, ihr eigener Anwalt! Stehen Sie für Ihr Anliegen ein. (Dazu müssen Sie allerdings Ihr Anliegen kennen J).

Wer sich selbst ernst nimmt, kann auch das Gegenüber ernst nehmen.

Nehmen Sie sich wichtig! Ihr Anliegen – oder Ihr Bedürfnis – hat seine Berechtigung; das ihres Konfliktpartners allerdings vermutlich ebenso. Und bedenken Sie, dass das Gegenüber vielleicht auch ein berechtigtes Anliegen hat. (Kennen Sie eigentlich dessen Anliegen? Oder vermuten Sie es nur?)

Konflikte und die Anliegen dahinter sind oft komplex.

Zunächst geht es Knut um die Sauberkeit und Ordnung im Wohnbereich. Unter der Oberfläche könnten noch andere Themen eine Rolle spielen: „Sie nimmt mich nicht ernst. Ich habe hier zu wenig Einfluss. Mein Ordnungsbedürfnis wird bedroht. Ich bin der Einzige, der hier Verantwortung übernimmt. Eigentlich müsste ja die WBL endlich für Ordnung sorgen.“

Im Miteinander von Menschen spielen neben dem konkreten Anlass, immer auch Themen hinter dem Thema eine Rolle wie dieses Eisberg Modell zeigt. Das könnte für Knut gelten. Das könnte allerdings auch für Elfriede eine Rolle spielen.

Konflikte auszutragen ist notwendig und fachlich geboten!

Für das Funktionieren eines Teams und Qualität der Arbeit ist der Konflikt zwischen Knut und Elfriede eigentlich ein gutes Zeichen. Beide wollen die Situation der Bewohner gut gestalten. Klärt man den Konflikt, gewinnen im besten Falle Knut und Erika und vor allem die Bewohner! Der Konflikt zeigt die Energie zur Verbesserung der Arbeit.

Daher gehört es zur Fachlichkeit von uns Rummelsbergern, einen konstruktiven Umgang mit Konflikten einzuüben und anzustreben. Das ist kein leichtes Unterfangen – zugegeben –. Dennoch ist es unser aller Aufgabe gemeinsam mit anderen, also im Team, für die Menschen, die Bewohner, wirksam zu werden und folglich unsere Konflikte anzugehen.

Konfliktklärung ist Sache der Betroffenen

Niemand kann sich der Verantwortung mit den Konflikten entziehen, sofern sie ihn selbst betreffen. Knut hat nun mal seine Gefühle und Erlebnisse. Er muss auch entscheiden, was er damit macht. Ignoriert er sie und sie gehen irgendwann mit ihm durch, ist das seine Verantwortung. Er kann sich auch entscheiden, sie zu akzeptieren, und Elfriede, der WBL und/oder dem Team seine Situation und sein Anliegen mitzuteilen. Elfriede wiederum ist für Ihre Gefühle verantwortlich, und dafür, was sie mit der Intervention von Knut macht.

Unterstützung bei Konfliktklärung ist Führungsaufgabe

Immer wieder kommt es vor, dass Mitarbeitende, einen Konflikt nicht selbst lösen können. Dann ist der nächste Vorgesetzte gefragt, die Konfliktparteien bei der Konfliktklärung und ggf. auch Lösung zu unterstützen – wohlgemerkt: „unterstützen“, nicht „lösen“. Aufgabe der Führungskraft ist es, Konfliktpartner in ihrem Team auf ihre Verantwortung für das Bearbeiten des Konfliktes hin zu weisen und ihnen Ihre Unterstützung anzubieten.

Verdrängte Konflikte rächen sich

Achtung: Konflikte, die lange keine Lösung oder Klärung erleben, können eskalieren oder „erkalten“ und sie die Arbeit behindern. Um so wichtiger, Konflikte offen und klar anzusprechen und auszutragen. Eine wichtige kulturprägende Funktion einer Führungskraft ist ihre Vorbildfunktion in ihrem eigenen Konfliktverhalten. Indem sie selbst die Konflikte, welche sie als Führungskraft auszutragen hat, offen, aktiv und wertschätzend klärt und löst, prägt jede Führungskraft die Konfliktkultur im Verantwortungsbereich wesentlich!

Unterstützung kann zudem durch das Konfliktnetzwerk und durch die Diakonische Akademie angefragt werden.

Möglicher Umgang mit Konflikten

Es gibt viele erprobte Ansätze für den Umgang mit Konflikten. Einer ist der Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation von Marshal B. Rosenberg kann ein hilfreiches Konzept sein. Er schlägt dabei vier Schritten vor:

1. Was wir beobachten. Trenne das tatsächlich beobachtete Verhalten von allen damit verbundenen Interpretationen, Wertungen und Zuschreibungen. Was genau ist passiert? Welches Verhalten hast Du beobachtet? Welche Fakten kannst Du benennen, welche den Konflikt ausgelöst haben. „Der Tisch war nicht abgeräumt“ ist ein Fakt. „Du hast den Tisch nicht abgeräumt“ – ist schon eine Zuschreibung, wenn man nicht selbst dabei war und geht über den reinen Fakt hinaus.

2. Was wir fühlen. Beschreibe das Gefühl, welches die Beobachtung bei Dir auslöst. Welche emotionale Reaktion entsteht bei Dir? „Der Tisch ist nicht abgeräumt: Ich bin wütend!“
Im Gefühlsraum liegen viele Fallen. Hier ist innere Wachsamkeit gefragt: Welche echten Gefühle finde ich? Bin ich ärgerlich, wütend, einsam, bedrückt, ängstlich, …? Ein „Ich habe das Gefühl, dass Du…“ ist kein echtes Gefühl – sondern eine Zuschreibung und führt schon wieder weg vom eigenen Gefühl.

3. Was wir brauchen. Beschreibe Dein Bedürfnis, Deine Werte. Was genau ist das Anliegen hinter Deiner Intervention. Um was für ein Bedürfnis geht es Dir? Knut könnte hier sein Anliegen für Ordnung als Teil der Wertschätzung für die Bewohner beschreiben. Und auch sein eigenes Ordnungsbedürfnis.  

4. Was wir uns wünschen. Mit der Bitte bringen wir unsere Anliegen und Bedürfnisse ins konkrete Leben, indem wir mit dem anderen gemeinsam eine Lösung finden. Eine Lösung, die von allen getragen wird, ist erst möglich, wenn eine gute Beziehung und Verbindung zum anderen besteht. Beschreibe konkret, um was du den Konfliktpartner bittest. Knut könnte formulieren: „Ich bitte dich, Elisabeth, dass du im Abenddienst den Tisch abräumst und abwischt. Und ich wünsche mir, dass du es nicht nur einmal tust, sondern mit wenigen erklärbaren Ausnahmen immer.“ Wichtig dabei: Eine echte Bitte lässt die Wahlfreiheit!

Fazit:

Konflikte auszutragen und zu klären ist sinnvoll, fachlich geboten und eine wichtiger Faktor der Qualität der Arbeit.

Das könnten Sie tun: Wie wäre es, wenn Sie das Thema Konflikte im Team zum „Übungsthema“ erklären? Man könnte vereinbaren, in kleinen, relativ „ungefährlichen“ Konflikten eine gute für alle Seiten wertschätzende Konfliktkultur einzutrainieren und holt sich dabei Unterstützung!

Unterstützung bei Konflikten gibt es

Konfliktnetzwerk https://meinrummelsberg/faq/8814929

Diakonische Akademie https://meinrummelsberg/dienstleistungen/56865

Gewaltfreie Kommunikation: Wir empfehlen dazu Inhouse-Schulungen in Teams, so dass viele Beteiligte das Konzept erlernen und gemeinsam umsetzen kann. Anfragen bei der DA

Achim Falk, Leiter Diakonische Akademie